Von Cornelia Henze
Bergen - Fäden aus hauchdünnem Zwirn umspinnen ein Tischlein. Darauf eine Stehlampe, ein Teller mit Blumendekor und den Resten von Kuchenkrümeln. Eine Flasche Wein. Eine vergilbte Zeitung, deren Leser von einst vielleicht heute gar nicht mehr lebt.
Einen in der Villa vorgefundenen Stapel Gardinen haben Gleb Konkin-von Serebrowski (rechts hinten), Albert Gouthier, die Venezianerin Amina Codraro (vorn links) und Virginia Lorenzetti aus Rom neu drapiert. Foto: David Rötzschke
Auf allem liegt der Staub von Jahrzehnten. Alle Gegenstände haben Gleb Konkin-von Serebrowski und seine Künstlerfreunde in der Bergener Villa in der Poppen-grüner Straße 1 gefunden. Der Wein trägt ein Etikett von 1963. Ob der noch genießbar ist? Der Absolvent und baldige Meisterschüler von der Hochschule für Bildende Künste Dresden (HSBK) lacht und führt in den nächsten Raum. Dort färbt die Italienerin Virginia Lorenzetti Papier mit dem Saft von Holunderbeeren. Die aus Venedig kommende Amina Codraro stapelt gläserne Flakons und alte Lampen zu filigranen Türmen.
Sphärische Klänge locken den Gast in das Obergeschoss, vorbei an wunderschönen Fenstern und gläsernen Türeinfassungen im Jugendstil-Dekor. Im einst herrschaftlichen Salon einer Textilunternehmer-Familie hat Künstler Albert Gouthier Zither, Flöte und Gitarrenlaute vorgefunden. Für ihn der Impuls, deren Klänge digital zu installieren. „Wir arbeiten mit vorhandenen historischen Materialien und erarbeiten Kunstwerke, die einen Ortsbezug aufweisen und die Räume der Villa bespielen“, erklärt Gleb Konkin-von Serebrowski. Die neue Besitzerin der Villa sei sehr kunstinteressiert, weshalb sie die Immobilie für das temporäre Kunstobjekt zur Verfügung stellte, so der Hochschulabsolvent. Sie wolle die Villa sanft sanieren und den Stil der 1920er Jahre bewahren. Als sogenanntes No-Profit-Project möchte sie die Villa von Zeit zu Zeit Künstlergruppen für inspirative Projekte zur Verfügung stellen, so die Hausbesitzerin (Name der Redaktion bekannt).
An diesem Samstag ab 17 Uhr und Sonntag ganztägig ist ein jeder in die Villa eingeladen, um Installationskunst und Künstler kennenzulernen und ins Gespräch zu kommen. „Ich bin mir sicher, dass vor allem die Bergener kommen, um das Haus einmal von Innen zu sehen“, so die Besitzerin. Einheimische wissen, dass es sich um „Windischs Villa“ handelt samt benachbarter Textilfabrik. Windisch ließ in seiner Fabrik Kleidung fertigen, während des Zweiten Weltkrieges seien auch Uniformen konfektioniert worden. Nach dem Krieg sei die Familie in den Westen gegangen. Die Fabrik wurde zu DDR-Zeiten zum volkseigenen Betrieb, so Bergens Bürgermeister Günter Ackermann. |