VON THORALD MEISEL
MARIENEY/BERGEN — Manchmal erlebt auch ein erfahrener Literaturwissenschaftler wie Rüdiger Bernhardt noch Überraschungen. Jüngst bekam er ein Paket aus Indien – mit einer in Delhi gedruckten Reprintausgabe der Erinnerungen von Julius Mosen (1803-1867). Im Original waren diese 1893 im Plauener Neupert-Verlag erschienen.
Für Rüdiger Bernhardt ist die Buchsendung einmal der Beleg dafür, dass Mosen mehr ist, als ein vogtländischer Heimatdichter und Schöpfer der Tiroler Landeshymne. Mosen in das Licht zu rücken, das dem Mann aus Marieney für sein Schaffen gebührt, dieses Anliegen verfolgt er mit dem Buch, das nun rechtzeitig zum 150. Todestag von Mosen vorliegt.
Seit gut zehn Jahren beschäftigt sich der in Bergen lebende Literaturprofessor mit Julius Mosen und hat dabei viele Themen gefunden, die aus seiner Sicht wichtig sind, nicht vergessen zu werden. „Was Mosen in seiner heute fast vergessenen Leipziger Zeit um 1830 an Texten verfasste, ist mit Blick auf die Diskussion um eine Leitkultur für Deutschland brandaktuell – angefangen von der sozialen Frage bis zu den Thesen für eine Kulturnation“, sagt Bernhardt.
Ebenso gilt Mosen im Theaterbereich als Vordenker des sozialen Dramas. Er vertrat die Auffassung, dass ein historisches Drama seinen literarischen Zweck nur erfülle, wenn es auf die aktuellen Ereignisse Bezug nimmt. „Gerhart Hauptmann hat diese Gedanken mit dem 1892 erstmals aufgeführten Stück ,Die Weber‘ meisterhaft umgesetzt“, zeigt der Literaturprofessor auf.
Rüdiger Bernhardt aus Bergen schrieb das neue Buch über den Vogtländer Julius Mosen (1803-1867). FOTO: THORALD MEISEL
Weitgehend vergessen ist auch, dass Mosen ursprünglich Jurist war und als Rechtsanwalt gearbeitet hat. Die Juristin Dr. Bettina Kern aus Taucha hat dazu in den vergangenen Monaten umfangreiches Material in Dresdner Archiven sichten können. Beim Mosen-Kolloquium am 23. September auf Schloss Voigtsberg wird sie dazu sprechen.
Neben der juristischen Tätigkeit Mosens wird es auf der Veranstaltung auch um ihn als Märchensammler, sein Schreiben für die Zeitschrift „Komet“ und seine Arbeit als Dramaturg gehen.
Als Märchensammler, so Rüdiger Bernhardt, hielt sich Mosen zeit seines Lebens an die Tradition der Kinder- und Hausmärchen der Gebrüder Grimm. Ein echter Hörgenuss ist dabei „Arnold und Vrenli“ auf der 2015 erschienen CD „Aus der Heimat, in die Ferne“, die der Adorfer Schauspieler Rolf Bach gemeinsam mit dem Musiker Yuri Magnetiks produzierte. Verpackt in moderne Melodien will Bach Texte von Mosen wieder bekannt machen – denn wie sagte schon MDR-Fernsehmoderatorin Janine Strahl-Österreich: „Heute wäre Mosen ein Popstar“.
Für das Mosen-Buch konnte mit Concepcion Seidel aus Hammerbrücke ein vogtländischer Verlag gefunden werden, was Rüdiger Bernhardt besonders freut. „Ein sehr kompetenter Partner“, sagt der Autor, der bereits über 100 Titel bei großen Verlagen herausgebracht hat. Verlagschef Frieder Seidel wird das Buch beim Mosen-Kolloquium auf Schloss Voigtsberg vorstellen – und auch im Oktober auf der Buchmesse in Frankfurt am Main. Geplant ist dies dort im Rahmen einer Vogtlandpräsentation. „Ich denke schon, dass wir mit der Veranstaltung eine überregionale Aufmerksamkeit für das Vogtland und Julius Mosen erzielen“, ist Frieder Seidel zuversichtlich.
BUCHTIPP „Julius Mosen (1803-1867) – Dichter, Dramaturg und Jurist, ein gebürtiger Vogtländer“. Verlag Concepcion Seidel. ISBN: 978-3-86716-144-2, Preis: 14,95 Euro. Erhältlich ist das Buch über die Shops der „Freien Presse“. Die CD „Aus der Heimat, in die Ferne“ ist erhältlich über touristische Einrichtungen der Region, Preis 9,99 Euro.
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