VON BERND APPEL
BERGEN — Rund 60 Hektar groß ist das Areal des Forstbetriebes „Unterer Jägerswald“, das Holm Uibrig (75) bewirtschaftet. Das Stück Wald gehört ihm und seiner älteren Schwester. Eigentlich ist es schon seit mehreren Generationen in Familienbesitz. Denn es zählte zum Bestand des Rittergutes Mechelgrün unteren Teils, das Uibrigs Vorfahren seit 1783 gehörte und 1945 enteignet wurde, so wie alle Rittergüter in der sowjetisch besetzten Zone Deutschlands.
Holm Uibrig in seinem Wald. Rechts hinter ihm eine der alten Buchen, die eine wichtige Rolle beim Waldumbau spielen. FOTO: JOACHIM THOSS
1998 kauften die Geschwister den Wald von der Treuhand-Nachfolgegesellschaft zurück. Damals arbeitete Uibrig als Hochschullehrer im Fachgebiet Tropische Forstwirtschaft an der Technischen Universität Dresden in Tharandt, seine Schwester Brita Weiß als Kinderärztin in Aue. Gelegenheit zur Arbeit im Wald bot sich daher nur in der Freizeit. Nach dem Wechsel in den Ruhestand 2008 erwarb das Ehepaar Uibrig ein Wohnhaus in Bergen, das nach umfänglicher Sanierung 2015 bezogen wurde.
Die Waldbewirtschaftung war von Beginn an vorwiegend Familienarbeit. Beteiligt sind die Ehefrau Gabriele, sie ist Diplomforstingenieurin, die Söhne Holger und Ulf sowie die Familie der Schwester. Bei der „Holzernte“ sind Forstunternehmen aus der Region tätig. Die geleistete Arbeit kann sich offenbar sehen lassen: kürzlich bekam der Forstbetrieb „Unterer Jägerswald“ einen „Preis für vorbildliche Waldbewirtschaftung“ des Sächsischen Ministerium für Umwelt und Landwirtschaft zuerkannt. „Vorgeschlagen wurden wir vom Forstbezirk Plauen“, so Uibrig.
Nach Ansicht der Jury zeigt das Unternehmen exemplarisch, wie „ein privater Forstbetrieb durch Waldumbau auf den inzwischen spürbaren Klimawandel reagieren kann“. Zudem engagiere sich der Preisträger „stark in der Vermittlung von forstfachlichem Wissen an Studierende, Waldbesitzer und Waldinteressierte“. Dafür stehen Vorträge und Waldbegehungen in der Region sowie Veröffentlichungen.
Solches Wissen hat Holm Uibrig von 1971 bis 2008 den Studierenden in der Fachrichtung Tropische Forstwirtschaft vermittelt. Die kamen aus allen Erdteilen mit Ausnahme von Australien. Immer wieder reiste er selbst in die Tropen mit Schwerpunkten in Südostasien und Indien, Ostafrika und Südamerika. Ein längerfristiger Einsatz führte ihn von 1986 bis 1989 mit Frau und jüngerem Sohn an die landwirtschaftliche Universität in Äthiopien.
Nachhaltige Waldwirtschaft setzt er nun im eigenen Forstbetrieb praktisch um, greift dabei zu Motorkettensäge, Pflanzgerät und Freischneider. Der Umbau des noch lange vorwiegend aus Fichten bestehenden Waldes ist wichtiges Vorhaben. Natürliche Verjüngung vorhandener Altbuchen wird gezielt gefördert, Weißtanne in Bestandslücken gepflanzt. Fachwissen für die Pflanzenanzucht bringt insbesondere seine Frau als langfristige Mitarbeiterin im Forstbotanischen Garten Tharandt mit. Auch Roterle, Bergahorn, Birke und andere lösen allmählich die Fichten-Monokultur ab.
Das alles folgt laut Uibrig Modellen der Strategie zum langfristig angelegten Waldumbau aus dem Kompetenzzentrum Wald und Forstwirtschaft des Staatsbetriebes Sachsenforst. Dabei sind zunehmende Wetterextreme, vor allem auch Sturm mit Windwurf und –bruch, anhaltende Trockenperioden mit der starken Vermehrung von Borkenkäfern, steigende Durchschnittstemperatur und längere Vegetationszeit pro Jahr wichtige Argumente.
Zum Naturschutz trägt Uibrig zum Beispiel durch das Belassen von Totholz bei. Erhalten werden beispielsweise Altbuchen mit Astlöchern als Nistplätze für Höhlenbrüter; eine kleine Waldwiese wird erst nach dem Abblühen der Gräser und Stauden gemäht.
In seinen beiden Forstbetrieben – der andere befindet sich in Zobes – stellt der Eigentümer derzeit die Weichen für die Zukunft: Demnächst übernehmen seine Söhne die Verantwortung.
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