VON HEIKE MANN
BERGEN — So nach und nach nimmt Reinhold Heisler Abschied von seiner Kundschaft. Wie diese Woche von der älteren Dame aus Mechelgrün, die sich zum letzten Mal in seinem Salon in Bergen die Dauerwelle legen lassen hat. Über 50 Jahre war sie aller vier Monate deswegen nach Bergen gekommen. Reinhold Heisler gibt das Geschäft, das sein Vater Kurt 1954 an der Straße nach Plauen eröffnete, Ende Juni auf.
„Ich habe einen Sohn, der wollte aber den Beruf nicht lernen“, so der 65-Jährige. Dennoch wird es für das Geschäft eine Nachfolge geben: Schon Ende Juli will Friseurmeisterin Jeannette Kraus aus Bergen an Ort und Stelle einen Friseur- und Nageldesignsalon nach der Renovierung eröffnen. „Die Kunden von Herrn Heisler können sich gern an mich wenden, darüber würde ich mich sehr freuen“, sagt die junge Frau.
Friseurmeister Reinhold Heisler gibt sein Geschäft in Bergen Ende Juni auf. FOTO: SILKE KELLER-THOSS
Die Einrichtung des alten Salons räumt der bisherige Inhaber komplett aus. Sie stammt noch aus dem Jahr, als sein Vater ihn eröffnete. „Ich wusste ja, dass ich das Geschäft in der Familie nicht weitergeben werde – was sollte ich da noch groß investieren?“, erklärt er. Die Frisierstühle, die Spiegel, die Trockenhauben, selbst die Kasse erwecken einen fast musealen Eindruck. Zunächst einmal wird Reinhold Heisler die Einrichtung zuhause bei sich einlagern. „Vielleicht verschenke ich einiges an Museen“, hat er überlegt.
Die letzten Jahre stand der Friseurmeister allein im Salon. Gelernt hat er den Beruf bei seinem Vater 1966 bis 1968, die Meisterprüfung legte er 1977 ab, 1987 übernahm er das Geschäft. Zu DDR-Zeiten arbeiteten noch sein Vater, seine Mutter und eine Tante mit im Salon. Zur Wendezeit stellte Reinhold Heisler Isolde Schmehl als Friseuse ein. Er hatte auch einmal einen Lehrling, der ist heute als Friseur in Treuen tätig. Der Bergener hat über die Jahre einen großen Stammkundenkreis aufgebaut, zuletzt schätzten vor allem ältere Damen seine Dienstleistungen. Genauso ließen sich die Männer gern die Haare machen, bei ihm noch für unter 10 Euro. Von manchem kennt er so ziemlich die ganze Lebensgeschichte – schließlich ist das Austauschen von Neuigkeiten beim Friseur fast unabdingbare Beigabe. „Was erzählt wird, das behalte ich selbstverständlich für mich“, versichert der Friseur.
Nun legt er also Kamm und Schere beiseite. Und das endgültig. Er will sich mehr Zeit für seine Frau nehmen. Außerdem habe er mit Haus, Hof und Garten sowie der Pflege der betagten Schwiegereltern reichlich zu tun. „Im direkten Kontakt mit Menschen zu arbeiten, das habe ich all die Jahre wirklich gern gemacht. Den Entschluss, Friseur zu werden, habe ich nie bereut, auch wenn man sich damit keinen Reichtum schaffen kann.“
|