Vogtländisches Heimatblatt 1988 (genaues Datum unbekannt)

Bergens Kirche — einst und heute im Zeichen lebendiger Verbundenheit mit der Heimat
 

Seit vielen hundert Jahren steht in Bergen ein Gotteshaus. War es auch zunächst nur eine bescheidene Kapelle, in der der Falkensteiner Kaplan sonntags die Messe zelebrierte, so kam es doch schon um das Jahr 1527 unter dem Einfluß der Reformation auch in unserem Ort zu einer bedeutungsvollen Neuordnung.
1529 wird Bergen mit Trieb und Schönau zum selbständigen evangelischen Kirchspiel erhoben. Patronatsherren waren die Trützschlers auf Falkenstein, erster evangelischer Pfarrer Johann Schmirler. Er hatte die Einwohner der 30 Güter von Bergen, 14 Güter von Trieb und 9 Güter von Schönau seelsorgerisch zu betreuen. 1582 kamen noch 7 Häuser in Schönau-Siebenhitz und zwei Häuser auf dem Harzberg dazu. Das Kirchlein, 39 Ellen lang, 18 Ellen breit und 9 Ellen bis zur Mauerkrone hoch, hat so 300 Jahre die Gemeinde versammelt.
Ein Viertel der Einwohner, 111 Gemeindeglieder, wurden Opfer der Pest 1634 während des Dreißigjährigen Krieges. Im 18.Jahrhundert wurde die Kirche erstmals im Bauernbarock gestaltet. Das starke Anwachsen des Ortes im 19. Jahrhundert veranlaßte die Kirchgemeinde, die notwendige Renovierung im Stile des Klassizismus vorzunehmen und mit einer bedeutsamen Vergrößerung zu verbinden.
1870 wurde der Bau gewagt. An der Westseite wurden 5 m angebaut, um der neuen Orgel und einem Treppenhaus Platz zu geben. Durch das Erhöhen der Mauer um 2,5m wurde Raum für eine zweite Empore geschaffen: Die Turmmauer wurde ebenfalls erhöht und erhielt eine Spitze, die sie bis zum Jahre 1900 trug. In diesem Jahr erhielt der Turm seine heutige Gestalt im Jugendstil. Geläut, Turmuhr und eine Orgel der Firma Barth aus Adorf wurden zwischen 1870 und 1900 angeschafft.

Die erste Kirche von Bergen im Vogtland (nach einem alten Stich aus der Festschrift 700 Jahre Bergen/V.) Reproduktion: Lenhard

1919 wurde der prachtvolle, spätgotische Altar restauriert und nach Jahrhunderten wieder seiner Funktion übergeben. Nach Motiven dieses Altars malte Professor Rößler aus Dresden mit den ansässigen Malern 1923 die ganze Kirche neu aus. Diese Arbeit lag der umfangreichen Restaurierung der Kirche zugrunde, die von der Kirchgemeinde 1985 in Angriff genommen wurde. in nur vier Monaten konnte das Vorhaben realisiert werden. Unter fachlicher Beratung durch Professor Magirius, Dresden, an maßgeblicher Stelle beim Wiederaufbau der Semperoper Dresden beteiligt, der Kunstkammer Karl-Marx-Stadt, des kirchlichen Baupflegers Güttler sowie des staatlichen Denkmalschutzes fand die Restaurierung statt. Die Restaurationsarbeiten führte die Firma Müller, Plauen, aus. Die Malerarbeiten wurden von unserem ortsansässigen Malermeister Ottomar Schmidt mit seinem Gesellen Georg Salewski besorgt. Der Großvater und der Onkel dieses Malermeisters arbeiteten schon 1923 unter Professor Rößlers Leitung. Ein Stück Familientradition fand so ihre Fortführung. Dank sei an dieser Stelle auch den örtlichen Betrieben, u. a. der Firma Drahota, Bergen, gesagt, die eine neue Elektroanlage installierten und über ihre Arbeit hinaus sich der verschmutzten Messingleuchten annahmen.
Durch tatkräftigen Einsatz der Gemeindemitglieder wurden z. B. im Zeitraum Januar bis Mai 1985 von ihnen 52000 Mark für dieses Vorhaben aufgebracht. Darüber hinaus war die tatkräftige Hilfe von Männern und Frauen an den Sonnabenden unabdingbar. Ohne sie wäre das Objekt nicht zum festgelegten Zeitpunkt fertig geworden; Schuldenfrei und aus eigenen Mitteln restauriert, konnte das Bauwerk am 26. Mai einer aktiven, lebendigen Kirchgemeinde in einem festlichen Gottesdienst übergeben werden.

Die Kirche zu Bergen zeigt in ihrem Innern ästhetische Gestal­tungs­möglich­keiten der 20er Jahre dieses Jahrhunderts

 

 

 

 

 

 

 

1986 wurde dann noch die Orgel grundlegend restauriert. Sonntag für Sonntag und zu Orgelvespern und ähnlichen Veranstaltungen erfreuen sich viele Menschen an diesem Kleinod, das vom künstlerischen Schaffen des 20.Jahrhunderts zeugt, in dem sich Altes, z.B. der mittelalterliche Altar, das barocke Taufbecken und der neugotische Orgelprospekt Neuem, z. B. der Malerei des 20.Jahrhunderts und der flämischen Leuchten aus Wurzen aus der Mitte der 60er Jahre, sinnvoll ergänzen und sich zu einem einheitlichen Ganzen verbinden. Die Bergener St. Nikolai-Kirche ist ein deutliches Zeichen für die konstruktiven Aktivitäten und die sichtbar gewordene Heimatliebe und -verbundenheit christlicher Bürger im schönen Bergen, die durch das Miteinander freigesetzt werden.

Bergen liegt zwischen Plauen und Falkenstein und ist günstig mit Bus und PKW erreichbar. Führungen bei vorheriger Anmeldung sind möglich.

R. Bergau, Bergen

 

Dieses Deckengemälde wurde 1923 von Professor Rößler aus Dresden geschaffen. 1985 wurde das beschädigte Kunst­werk wieder in den Origina­lzustand versetzt. Das Bild lebt von seinen Pastell­farben Fotos: Lenhard

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Altar und Kanzel der Kirche zu Bergen. Die Kanzel wurde 1923 von Professor Rößler, Dresden, errichtet und 1985 restauriert. 1919 wurden die spät­mittel­alterlichen Heiligen­figuren des Altars in einen neuen Schrein eingebracht. In der Mitte thront die Madonna auf der Mondsichel mit dem Christuskind auf dem Arm. Rechts St. Nikolaus, der Schutzpatron der Kirche und links die Heilige Katharina, eine Martyrerin aus früh­christ­licher Zeit.