Freie Presse - Auerbacher Zeitung - Sa., d. 29.10.2005
Ein Bergener bangt um sein Haus
Straßenbauamt will Kreuzung ausbauen – Gebäude steht im Weg – Abriss jedoch nur mit Zustimmung des Eigentümers

Von Tino Beyer

Bergen. Ein Brief, der Anfang des Jahres bei Karl-Heinz Schmidt aus Bergen einging, lässt ihn nicht mehr ruhig schlafen. Darin wurden ihm Pläne des Straßenbauamtes Plauen offenbart. Man wolle die „Verkehrsverhältnisse verbessern“, teilte man ihm trocken mit und lud ihn zu einer Info-Veranstaltung ein. Die Pläne sehen einen Ausbau des Kreuzungsbereiches der B 169 an der Brücke über die Trieb am Abzweig der Straße nach Poppengrün vor. Zur Realisierung sei ein Einschnitt in das Flurstück 130 a erforderlich, heißt es in den Schreiben. Im Klartext: Das Haus von Karl-Heinz Schmidt soll weg.

Der 57-Jährige ringt um Fassung. „Der Wohnraum geht zu ersetzen, das Gewerbe ist der springende Punkt“, schüttelt Schmidt den Kopf, der selbst erwerbsunfähig ist. Seine Frau „schmeißt“ eine kleine Gastwirtschaft, die sich in dem über einhundert Jahre alten Haus befindet. Karl-Heinz Schmidt befürchtet, dass sie keinen neuen Job findet. Unabhängig davon kann er die Pläne aber auch aus verkehrstechnischer Sicht nicht nachvollziehen. Die Straße sei zwar eng vor seinem Haus. „Aber anderswo sind die Straßen noch viel enger“, gibt er zu Bedenken. Probleme gebe es allenfalls, wenn das Müllauto direkt vor dem Haus hält.

„Die Kreuzung ist unübersichtlich, der Gehweg ist viel zu eng, auf der Fahrbahn passen gerade zwei Autos aneinander vorbei“, sagt dagegen Günter Schlott, Abteilungsleiter Planung im Straßenbauamt. „Der Platz reicht einfach nicht aus“, verteidigt er die Pläne. Drei Varianten für eine Verbesserung der Verkehrssituation habe man untersucht. „Bei allen drei Varianten ist das Haus im Weg“, so Schlott. Zurzeit läuft das Planfeststellungsverfahren, bei dem alle Beteiligten ihre Meinung zu den Plänen äußern sollen. Und zwar schriftlich. „Der Betroffene muss sich äußern und gegebenenfalls seine Forderungen stellen“, informiert der Straßenbauamtsmitarbeiter. Es könne zum Beispiel über eine Entschädigung verhandelt werden. „Ein Gutachten würde erstellt und der Verkehrswert des Hauses ermittelt“, umreißt der Planer einen möglichen Weg. „Aber es muss eine einvernehmliche Lösung gefunden werden.“ Wenn der Eigentümer jedoch die Pläne strikt ablehnt, werden diese wohl zu den Akten gelegt. Günter Schlott geht nicht davon aus, dass das Regierungs­präsidium als Plan­fest­stellungs­behörde einen Abriss festlegen wird. „In diesem Fall steht das öffentliche Interesse nicht über dem privaten“, stellt er klar. Die Konsequenz wäre, dass alles bleibt, wie es ist und nicht gebaut wird. Karl-Heinz-Schmidt würde ein Stein vom Herzen fallen. —Kommentar

Karl-Heinz Schmidt aus Bergen vor seinem Haus. Das Gebäude steht den Plänen des Straßenbauamtes im Weg. Der Bergener kann jedoch dagegen Widerspruch einlegen und so einen Abriss verhindern. –Foto: Joachim Thoss

 

 

 


Kommentar: Luftnummer

Pläne ohne Chance

Von Tino Beyer

„Es ist unsere Aufgabe, Verbesserungen vorzuschlagen und dafür Pläne zu erarbeiten“, sagt Günter Schlott vom Straßenbauamt Plauen. Schön und gut. Allerdings darf im Fall Bergen dem Amt schon die Frage gestellt werden, warum Pläne erstellt werden, die nach Lage der Dinge keine Aussicht auf Erfolg haben. Das ist verschwendete Zeit und verschwendetes Geld, Steuergeld. So weit die materielle Seite. Die menschliche wiegt mindestens genau so schwer. Eine Familie lebt in Ungewissheit und man strapaziert unnötig deren Nerven. Und das alles für eine Luftnummer.