Freie Presse - Auerbacher Zeitung - Mittwoch, d. 31.03.2010
Erbitterter Streit um 18 Quadratmeter Land
Straßenbau oder Straßenklau? – Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Bürgermeister, Verwaltungsverbands-Chefin und Straßenbauamtsleiter

Von Ulrich Riedel

Werner Schaller zeigt den Verlauf der alten Grundstücksgrenze. Der Bergener fordert die Fläche zurück, die er für den Straßenbau abgeben musste. Die Kommune, lautet sein Vorwurf, habe manipuliert. –Foto: Silke Keller-Thoß

Bergen. Ungereimtheiten bei der Fahrbahnerneuerung der Bundesstraße 169 in Bergen sind jetzt Gegenstand eines Ermittlungsverfahrens. Die Staatsanwaltschaft Zwickau hat den Bergener Bürgermeister Volkmar Trapp, die Vorsitzende des Verwaltungsverbandes Jägerswald, Carmen Funke, und den Leiter des Straßenbauamtes Plauen, Frank Petzoldt, ins Visier genommen. Im Zusammenhang mit den Planungen und dem Anhörungsverfahren besteht der Verdacht des Prozessbetruges, erklärte Staatsanwalt Bernd Sämann, Sprecher der Staatsanwaltschaft Zwickau, auf Anfrage der „Freien Presse“. Bereits im Jahr 2008 war die Staatsanwaltschaft tätig geworden, jetzt lebt das Ermittlungsverfahren unter dem Aktenzeichen 150 JS 1384/10 wieder auf.

Der offenbar Geschädigte ist der Bergener Werner Schaller, der durch den Straßenbau 18 Quadratmeter seines Grundstücks verloren hat und dessen Haus nun sehr nah an die Bundesstraße gerückt ist. Gegen seinen erbitterten Widerstand habe die Gemeinde einen so genannten „rückständigen Grunderwerb“ betrieben, da ein Stück von Schallers Boden unverzichtbar für die neue Trassenführung sei. Doch Schaller meint, das widerlegen zu können, spricht von einer „Enteignung“ und von Manipulationen bis hin zu einem „gefälschten Grundbuch- Eintrag“. Denn statt sein privates Grundstück zu beschneiden, hätte zum Bau vorrangig öffentlicher Grund genutzt werden müssen, zumal die gegenüberliegende Straßenseite genug Platz biete.

Die Ermittlungen werden gegen insgesamt fünf Personen geführt. Die bereits von der Polizei an die Staatsanwaltschaft gesendeten Akten gingen postwendend zurück mit weiterem Ermittlungsauftrag. „Nach Ostern gibt es die ersten Vernehmungen“, erklärt Jan Meinel, Sprecher der Polizeidirektion Südwestsachsen. „Dann werden wir sehen, wie es weiter geht.“ Inhaltlich hält sich Meinel bedeckt.

„Ich habe nichts Falsches gemacht.“ Volkmar Trapp –Foto: Silke Keller-Thoß

 

 

Die Staatsanwaltschaft lässt jetzt prüfen, ob die Gemeinde das Straßenbauprojekt auf Grundlage falscher oder unvollständiger Informationen beeinflusst und Werner Schaller dabei Einsicht verwehrt und ihn geschädigt hat. Vor allem ist zu prüfen, ob unrichtige Aussagen „bewusst vorgetragen wurden“, so Staatsanwalts-Sprecher Sämann. Und: Wer hat welche Rolle gespielt?

„Weiß nicht, was man mir vorwirft.“ Carmen Funke –Foto: Silke Keller-Thoß

 

 

Um die Ermittlungen überhaupt in Gang zu bringen, brauchte Werner Schaller einen langen Atem. Der aufmüpfige Hauseigentümer hatte bereits 2008 bei den Ermittlern der Sondereinheit Ines in Dresden Strafanzeige erstattet. Wegen der Rücknahme eines Einspruchs und einer nicht eingehaltenen Frist sei es letztlich wohl eingestellt worden, heißt es.

„Werde mich bei der Polizei äußern.“ Frank Petzoldt –Foto: Franko Martin

„Ich wusste ja am Anfang nicht, was ich jetzt weiß“, erklärt Werner Schaller. Der Bürgermeister habe ihm den Einblick in Unterlagen erst 2008 gestattet, als es zu spät war. Jedoch hätten ihm auch erstaunliche Zufälle geholfen, erzählt der 48-Jährige. So sei ihm anonym eine detaillierte Ausführungsplanung zugesendet worden, die ihm die Augen zu den Auswirkungen des Straßenbaus geöffnet habe. Und seit er sich eine Straßenbau-Richtlinie „RAS-L“ aus dem Wirtschaftsministerium besorgt habe, könne ihm keiner mehr etwas vormachen, erklärt der Metallbaumeister aus Bergen.

Bürgermeister Volkmar Trapp erklärt, er habe „nichts Falsches gemacht“ und werde sich zu inhaltlichen Fragen nicht äußern. Das Vorgehen der Kommune sei mit der Rechtsaufsichtsbehörde abgestimmt gewesen. Falls es Verfahrensfehler gab, so müssten die korrigiert werden. Er habe sich als ehrenamtlicher Bürgermeister auf die Fachleute verlassen.

Auch Verwaltungsverbands-Chefin Carmen Funke will sich nicht äußern. „Ich weiß ja nicht einmal, was man mir vorwirft.“

Frank Petzoldt, Leiter des Straßenbauamtes Plauen, lehnt ebenfalls eine Stellungnahme ab. Er habe eine Vorladung der Polizei. Dort werde er sich äußern.