Freie Presse - Auerbacher Zeitung - Donnerstag, d. 24.06.2010.
Bergen entscheidet sich für Ehe mit Falkenstein
Gemeinde will Jägerswald-Verband verlassen – Dessen Zukunft ist gefährdet – Etliche Bürger fühlen sich überrumpelt

Von Sylvia Dienel

Bergen. Die Eingliederung von Bergen in die Stadt Falkenstein ist beschlossene Sache. Mit seiner auf sieben Ja-Stimmen, einer Gegenstimme und einer Enthaltung basierenden Entscheidung ist der Gemeinderat zur Sitzung am Dienstagabend auf heftige Gegenwehr seitens der etwa 40 versammelten Einwohner gestoßen. Man fühle sich überrumpelt, vor vollendete Tatsachen gestellt und frage sich, warum der Beschluss solche Eile erfordere, lautet der Tenor der Kritik. „Das ist allein der finanziellen Situation geschuldet“, erwiderte Bürgermeister Volkmar Trapp (parteilos) und verwies auf „dringend anstehende Baumaßnahmen“, die künftig nur noch in größeren kommunalen Einheiten realisierbar seien.

Tritt der Beschluss wie geplant zum 1. Januar 2011 in Kraft, scheidet Bergen aus dem Verwaltungsverband Jägerswald aus, zu dem auch Werda, Theuma und Tirpersdorf gehören. Kein Wunder, dass man dort reichlich Gefahrenpotenzial sieht. „Mit dem Beschluss ist auch für alle anderen eine Vorentscheidung getroffen worden, ohne deren Zustimmung“, kritisiert Werdas Bürgermeisterin und Verbandschefin Carmen Funke (CDU) das Vorgehen. „Wir sind dann nicht mehr überlebensfähig und gezwungen, auch zu reagieren.“ Wie Funke und etliche Bergener Einwohner favorisieren Sven Rondthaler (Elterninitiative) und Reiner Körner (parteilos), Bürgermeister von Theuma und Tirpersdorf, stattdessen eine Einheitsgemeinde.

Mit dieser Variante kann sich der Bergener Rat nicht anfreunden und begründet dies unter anderem mit dem andauernden Bevölkerungsrückgang. Derzeit zählt der Gemeindeverbund 5200 Einwohner. „2025 werden es 15,4 Prozent weniger sein“, verwies Günter Ackermann (Freie Wähler) auf Prognosen. Nach den Vorgaben der Landesregierung sollten selbstständige Kommunen aber mindestens 5000 Einwohner haben. „Unsere Entscheidung ist durchdacht“, legt er nach. „Wenn wir dabeibleiben, müssen zu wenig Bürger für die Verwaltungskosten aufkommen.“

Gunter Reiher vom Sportverein kann, wie er sagte, die Argumentation nachvollziehen, warf dem Rat jedoch „Scheuklappendenken“ vor. Er hätte sich „im Vorfeld mehr Transparenz gewünscht“, vermisse er Alternativvorschläge und befürchtet finanzielle Nachteile für den Verein. In der Sitzung ergriff auch Falkensteins Bürgermeister Arndt Rauchalles (CDU) das Wort. Er versuchte Ängste gegen die Eingemeindung auszuräumen und begrüßt die Eingliederungsabsicht. Zudem versichert er, einem künftigen Ortschaftsrat bei internen Dingen „keine Vorschriften zu machen“.

Den Vorwurf der fehlenden Vorab- Diskussion im Verwaltungsverband wies der Gemeinderat zurück: „Wir haben den anderen Gemeinden verdeutlicht, dass wir zu Falkenstein tendieren“, so Trapp. Zudem habe man „mit vielen Bürgern“ gesprochen.

Daran konnten sich zumindest die anwesenden Bergener nicht erinnern. Kritiker und Befürworter sollen vom 9. August bis 8. September die Möglichkeit haben, sich zum Beschluss zu äußern. Während dieser Zeit wird er öffentlich ausgelegt. Anschließend erfolgt die Abwägung der Einwände durch den Gemeinderat. Schließt sich Bergen Falkenstein an, verbleibe im Dorf eine Außenstelle, kündigte Trapp an. „Um die Bürgernähe zu erhalten.“


Zahlreiche Besucher verfolgten die Gemeinderatssitzung im Bürgerzentrum Bergen. Kein Wunder, kommt doch der vom Rat favorisierte Wechsel von Jägerswald nach Falkenstein für viele überraschend. –Foto: Joachim Thoß


KOMMENTAR

Transparenz - Bürgerbeteiligung wird in Bergen klein geschrieben

Von Holger Weiß

Natürlich hat Bergens Bürgermeister nie ein Hehl daraus gemacht, was er vom Jägerswald hält – nämlich wenig bis nichts. Insofern verwundert sein Schwenk gen Falkenstein nicht. Befremdlich ist das Tempo, mit dem sich Trapp und sein Trupp dem neuen Partner zuwenden. Das offenbart, dass man dabei die Bürger am liebsten außen vor lassen würde. Die Diskussion im Gemeinderat war nicht mehr als eine Alibi-Veranstaltung. Sonst hätte man sich für den Beschluss Zeit genommen. Zuerst den Vorschlag unterbreiten, danach Für und Wider diskutieren und zuletzt die Bürger über Bergens Zukunft entscheiden lassen – das wäre transparent und demokratisch.