Vogtlandanzeiger Online Ausgabe - Montag, d. 28.06.2010
Bergen will nach Falkenstein
Bergen - So viele Bürger kamen schon lange nicht zur Sitzung des Gemeinderates. Grund war der einzige Beschluss, der auf der Tagesordnung stand: die geplante Eingliederung der Gemeinde Bergen nach Falkenstein.

 Der neue Saal des Bürgerbegegnungszentrums war mit knapp 40 Gästen gut gefüllt. Schließlich ging es um eine Entscheidung, die, wie Michael Bartsch formulierte, „für die nächsten 100 Jahre Bedeutung hat“. Neben Einwohnern von Bergen waren auch die Bürgermeister von Tirpersdorf und Theuma, sowie die Chefin des Verwaltungsverbands Jägerswald, Carmen Funke, gekommen. Nach Auffassung von Bergens Bürgermeister Volkmar Trapp waren nur die gekommen, die „kontra“ Eingliederung sind. In der Tat meldete sich bei der Einwohnerfragestunde nur ein einziger Bürger und befürwortete den geplanten Beschluss.

Viele Vorwürfe mussten sich die Räte anhören, vor allem, weil bisher nichts von diesem Beschluss an die Öffentlichkeit gedrungen war. Gunter Reiher vom Sportverein „Turbine Bergen“ wollte vor allem wissen, wie es seinem Verein mit 180 Mitgliedern bei einer Eingliederung gehen würde. Zudem machte er sich stark für die Erhaltung des ländlichen Raums. Es sei nicht nachzuvollziehen, dass der Rat so einen Beschluss im „stillen Kämmerlein“ gefasst habe. Zu seriöser Kommunalpolitik gehöre Offenheit, darum forderte er sinnvolle Alternativen und bezeichnete die Entscheidung als „Scheuklappendenken“.
Der stellvertretende Bürgermeister Günter Ackermann begründete die Entscheidung vor allem mit der prekären finanziellen Situation der Gemeinde.

 Vor zehn Jahren hatte sich die Gemeinde Bergen für den Verwaltungsverband Jägerswald entschieden. Schon damals wurde der Beschluss mit nur einer einzigen Stimme Mehrheit gefasst. Heute, so Ackermann, haben sich die Zeiten geändert. Bei der vom Land angepeilten Mindestgröße von 5000 Einwohnern wird der Verwaltungsverband im Jahr 2025 nicht mehr genügend Einwohner haben, da ein Bevölkerungsrückgang von über 15 Prozent prognostiziert wird. Dann stelle sich die gleiche Frage. „Immer weniger Bürger müssen für die Verwaltungsarbeit aufkommen“, war als Argument des Gemeinderates mehrfach zu hören.

 Die Gemeinde hat hohe Kredite zurück zu zahlen. Ein jüngst beantragter Kredit wurde von der Kommunalaufsicht nicht genehmigt. Damit kann Bergen die nötigen Eigenmittel nicht aufbringen, um weitere Fördermittel für freiwillige Aufgaben zu bekommen. Außerdem drückt die Gemeinde das Problem der leerstehenden Schule und einer maroden Turnhalle. Noch nicht einmal das Geld zur Sanierung des Rathausdaches ist vorhanden. Bei einer Eingliederung nach Falkenstein sieht sich Bergen als kleines Zentrum zusammen mit den Ortschaften Trieb und Schönau. Das Rathaus könnte Anlaufpunkt für die Bürger sein. Als Argument für den umstrittenen Schritt wurde die um 28 Prozent höhere Schlüsselzuweisung vom Land genannt. Bergens Ex-Bürgermeisterin Beate Schubert schlug vor, eine Einheitsgemeinde zu gründen.

Geld gäbe es sicher nicht nur von der Stadt Falkenstein. Im Verlauf der Diskussion stellte sich heraus, dass bei einer internen Sitzung des Verwaltungsverbandes der Vorschlag aufkam, eine Einheitsgemeinde Tirpersdorf zu gründen, die natürlich auch den Sitz dort haben sollte. Theumas Bürgermeister Sven Rondthaler brachte seine Bedenken zum Erhalt der Grundschule in Theuma vor und zeigte sich enttäuscht, dass Bergen ohne Vorankündigung aus dem Verband ausscheiden will. Dadurch wird der Verband gesprengt und die anderen drei Gemeinden stehen im Regen. Reiner Körner, Bürgermeister in Tirpersdorf, schlug vor, das Rathaus in Bergen in Zukunft gemeinsam zu nutzen. Das wollten die Bergener Räte aber nicht glauben.

Den aufgebrachten Bürgern wurde klar gemacht, dass dieser Beschluss das Prozedere zur Eingliederung zunächst nur anstößt. Vom 9. August bis zum 8. September werden die Eingliederungsunterlagen ausgelegt und die Bürger angehört. Die Vereinbarung soll am 1. Januar 2011 in Kraft treten. Die Gemeinderäte stimmten mit einer Enthaltung und einer Gegenstimme zu. va

2010-06-28