Freie Presse - Auerbacher Zeitung - Dienstag, d. 11.09.2012
„Müde Hühnen“ sind die Stärksten am Seil
Bergen hat am Wochenende Kirmes gefeiert – zum ersten Mal in ihrer Geschichte mit einem Tauziehwettbewerb.

VON SYLVIA DIENEL

BERGEN — Noch hat die kräftige Sonne den Sportplatz nicht vollständig trockengelegt. 36 Männer, aufgeteilt in sechs Mannschaften, wollen es am Sonntagvormittag trotzdem wissen: Wer sind die Stärksten am Seil? Der Bergener Dorfclub und der Jugendclub Trieb schicken je ein Team, die Gastgeber vom Sportverein Turbine Bergen und der Ortsteil Steinigt auch. Eine Einwohner- Mannschaft geht unter dem Arbeitstitel „Streiberg Bum“ ans Werk, die zweite als „Müde Hühnen“. Ein Tarnname, wie sich zeigt: Die alles andere als müden Herausforderer stellen sofort klar, in welchen Oberarmen das meiste Potenzial steckt und kassieren den Wanderpokal samt Bierkasten.

„Wir machen das einfach aus Gaudi.“
Matthias Geigenmüller Vereinspräsident des Kirmesausrichters SV Turbine Bergen

So schnell wie diejenigen mit „Hühnen“-Beteiligung enden keine Begegnungen auf dem leicht schlüpfrigen Rasen des Sportplatzes. Gnadenlos jagen sie den tapferen Männern am anderen Tau-Ende Boden ab. Bis das gegnerische blaue Band über die Mittellinie gezogen ist, verstreichen allenfalls ein paar Sekunden. Die Duelle anderer Mannschaften sind mitunter erst nach einer halben Minute ausgefochten. Gerungen wird um jeden Millimeter – stehender und notfalls auch liegender Weise. Rang zwei sichert sich letztendlich die Trieber Jugendclub-Auswahl, dicht gefolgt von den Bergener Kickern auf Platz drei.

Einen Tauziehwettbewerb hat der SV Turbine Bergen zum ersten Mal neben Musik, Fußballturnieren, Fahrgeschäften, Hüpfburg und Bewirtung ins Kirmes-Programm gestellt. Muskelkraft entscheidet auch bei Premiere Nummer zwei über Sieg und Niederlage: Erster ist, wer einen Gummistiefel auf die weiteste Flugreise schickt.

„Wir machen das einfach aus Gaudi“, erzählt Vereinspräsident Matthias Geigenmüller. „Und dass die Männer Sonntag früh vielleicht mit ins Bierzelt einrücken.“ Angesichts der Schönwetterphase hatte man sich volle Tischreihen und mehr Futter für die Vereinskasse erhofft. „Es ist aber überall was los, dadurch haben wir ein bisschen Pech“, räumt Geigenmüller ein.

Ruhig gehen es die Oldtimerfreunde Bergen-Werda an. Ihre Motorräder, Mopeds, Traktoren, Seitenwagengespanne und Dreiräder aus DDR-Produktion, den 1930er und 1940er Jahren stehen still und leise neben dem Festzelt. Der Framo Goliath 400 von 1936 gehört Gerold Hoyer. 4000 Kilometer fährt der Lengenfelder pro Jahr. „Er muss doch sein Geld mit verdienen“, lacht er. Matthias Blechschmidt aus Bergen hat seine 250er ETZ Baujahr 1972 mitgebracht. Eine Rarität, wie er sagt. „Davon sind nur 16.400 Stück gebaut worden.“ Die wenigsten seien im Land geblieben: „14.000 gingen in den Westen, ans Versandhaus Neckermann.“

Oldtimerausstellung und Tauziehwettbewerb – zwei Programmpunkte der Kirmes in Bergen. Die sechs Mannschaften traten nicht nur gegeneinander an, sondern zogen auch gemeinsam den Lanz Bulldog von Heiko Windisch über den Sportplatz. FOTO: SILKE KELLER-THOSS