Das Elektrizitätswerk in Bergen/Vogtland
Vogtländisches
Elektrizitätswerk in Trieb auf einer Postkarte von 1913
Im Jahre 1903 begann man in Bergen mit dem Bau eines
Elektrizitätswerkes. Etwa zur gleichen Zeit wurde im Nachbarort Trieb
mittels einer Wasserturbine Strom erzeugt. Die Turbine stand in dem Gebäude
am Bach gegenüber der Trieber Schule. Initiator war der Ingenieur
Sarfert, er wohnte in Bergen nahe des damaligen Bahnhofs. Vorgesehen war,
daß die Stromerzeugung Trieb und Bergen in eine Hand kommt, so bildete
sich am Anfang der Betrieb
“Vogtländisches Elektrizitätswerk OHG in Trieb“
ab 01.10.1907
„Vogtl. Elektrizitätswerk Sarfert u. Co.“,
Trieb
ab 01.04.1908 Umwandlung in eine Aktiengesellschaft mit dem Namen
„Vogtl. Elektrizitätswerk AG in Trieb“
Haupt-Aktionär war der Stickmaschinen-Besitzer Louis
Reichenbach in Trieb. Nachdem die Baulichkeiten in Bergen fertig waren
und reichlich Raum boten, wurde am 17.07.1910 der Sitz nach Bergen verlegt.
Zwischen 1903 und 1907 wurde das Eltwerk Bergen fertig gestellt. Installiert
wurden zwei Dampfturbinen. Die Kohle kam aus dem Raum Meuselwitz per Waggon
zum Bahnhof Bergen, von dort wurde die Kohle mittels Lastwagen zum knapp
drei Kilometer entfernten Eltwerk Bergen gefahren.
Die damals im Raum Bergen/Trieb/Schönau/0berlauterbach
aufstrebende Stickerei-Industrie und die im Raum Grünbach/Werda/Kottengrün/Tirpersdorf
sich ausbreitende Weberei-Industrie brauchte Strom. Vor Fertigstellung
des Bergener Werkes wurden von Trieb aus die Orte Trieb, Schönau,
Altmannsgrün und Oberlauterbach beliefert. Das Versorgungsgebiet
des Bergener Werkes dehnte sich nach und nach aus bis Bad Brambach, Schönberg
am Kapellenberg, Bad Elster, Markneukirchen, Schöneck sowie sämtliche
Dörfer des Kreises Oelsnitz/Vogtland, also bis an die bayrische und
tschechische Grenze im Süden, bis vor Treuen im Norden, bis an die
Mulde (Rautenkranz) im Osten und bis an die Grenze des Stromnetzes Plauen
im Westen.
Vogtländisches
Elektrizitätswerk in Bergen auf einer Postkarte von 1914
Im Jahre 1911 standen in Bergen 265 Schiffchenstickmaschinen
mit Motorantrieb. Bergen hatte damals knapp 2000 Einwohner.
Die Kapazität des Bergener Werkes reichte nicht mehr aus, so daß
man zusätzlich auf Fernstrom-Bezug aus den Großkraftwerken
Böhlen/ Espenhain überging. Der Fernstrom wurde von Böhlen/
Espenhain zum Umspannwerk Herlasgrün geführt und von dort insbesondere
an die Umspannwerke Pirk und Rautenkranz zur Belieferung des Vogtlandes
weitergeleitet.
Ab 01.04.1921 kam es zum Zusammenschluß mit Zwickau.
Die Firma lautete
Kraftwerke Westsachsen Zwickau Betriebsdirektion Bergen.
Betriebsdirektor war seit dieser Zeit Herr Petersen (er
stammte aus Kiel). Er leitete später die Betriebsdirektionen Bergen
und Zwickau. 1923 kostete eine Kilowattstunde Strom 44 Pfennig. Damals
hatte ein Arbeiter (Handwerker) einen Nettostundenlohn von 60 bis 70 Pfennig.
Die Wasserkraft an den Talsperren wurde auch zur Stromerzeugung
genutzt. Wasser-Turbinen standen an der Talsperre Muldenberg, an der Geigenbachtalsperre
zwischen Werda und Bergen, an der Talsperre Pirk und am Umspannwerk Pirk
(Turbine am Umspannwerk Pirk ist ausgebaut).
Diese Turbinen lieferten zwar nur geringe Mengen, waren
jedoch nach dem 2. Weltkrieg wichtig, weil die gesamte Strommenge nicht
reichte und wechselseitige Abschaltungen der Versorgungsgebiete notwendig
waren.
Am 01.01.1926 schlossen sich die sächsischen Eltwerke
zusammen zur
Aktiengesellschaft Sächsische Werke, Hauptverwaltung
Dresden, Verteilungsbetrieb Bergen
Diese neue Vereinigung hatte Betriebe in Bergen, Zwickau, Schwarzenberg,
Annaberg, Lichtenberg bei Freiberg, Pirna, Zittau und Weißwasser.
Ende der zwanziger Jahre wurde die Stromerzeugung in
Bergen wegen zu hoher Selbstkosten eingestellt. Der Fernbezug aus den
Großkraftwerken, vor allem aus den in Ostsachsen neu gebauten Kraftwerken
- die alle im Verbundnetz fuhren - war rentabler.
Die technische und kaufmännische Verwaltung in
Bergen war in den dreißiger Jahren und noch bis 1949 über 30
Personen stark. Außerdem war eine größere Anzahl Monteure
für die Freileitungen und Kabelnetze beschäftigt sowie 15 Abrechnungskassierer
im Außendienst.
Bergen unterhielt Meisterbereiche in Bad Elster, Bad
Brambach, Markneukirchen, Schöneck, Pirk (mit Umspannwerk), Grünbach,
Reumtengrün und Rautenkranz (mit Umspannwerk).
Bergen hatte damit etwa 130 Beschäftigte. 1925/1926
baute die Energieversorgung Bergen ein Wohnhaus (heute Falkensteiner Str.
63) für ihre leitenden Angestellten. Arbeitsplatz und Wohnung waren
gekoppelt, man konnte beides verlieren. Alle Wohnhäuser, die nicht
auf einem Betriebsgelände standen, hat der Großbetrieb Dresden
1960 an die Gemeinden abgegeben.
Am 16.11.1945 kam die Umwandlung in
Sowjetische Kraftwerke Aktiengesellschaft Dresden Betrieb
Bergen
Die Sowjetunion hat zu diesem Zeitpunkt die sächsischen Eltwerk-Anlagen
für ein Trinkgeld gekauft, um sie dann am 01.03.1946 an die alten
Besitzer für hohe Millionenbeträge wieder zu verkaufen. Ab 01.03.1946
lautete die neue Firma
Landesnetz Sachsen, Dresden, Betrieb Bergen
und ab 01.07.1948
Energiebezirk Ost, Sitz Dresden, Vereinigung volkseigener
Betriebe, Betrieb Bergen
Am 01.01.1950 wurden die Betriebe Bergen, Stadtwerke Reichenbach, Stadtwerke
Klingenthal und. Stadtwerke Plauen zusammengeschlossen zum
Energiebezirk Ost, VVB, Betriebsdirektion Plauen.
Damit wurde der Sitz der Verwaltung von Bergen nach Plauen,
Hammerstr. 68, verlegt. Bergen war federführend. Nur die Abt. Strom-
und Gas-Abrechnung ist bis Oktober 1955 in Bergen verblieben, wurde dann
auch nach Plauen verlegt. Die Stadtwerke Falkenstein, Ellefeld, Auerbach,
Rodewisch, Lengenfeld und das Gaswerk Rothenkirchen wurden am 01.01.1952
in den Energiebezirk Ost, Betriebsdirektion Plauen, eingegliedert. Zwei
Jahre später wurden die restlichen Stadtwerke Oelsnitz/Vogtl., Adorf
und Treuen, angeschlossen. Die Stadtwerke (wie vorstehend) bezogen vor
dem Zusammenschluß ihren Strom über den Betrieb Bergen und
wurden als sogenannte Wiederverkäufer beliefert und abgerechnet.
Die Stadtwerke haben damals ihre einzelnen Abnehmer beliefert u. abgerechnet).
Die neue Betriebsdirektion Plauen beschäftigte im
Vogtland zwischen eintausend bis elfhundert Personen.
Die Firmenbezeichnungen haben sich oft geändert:
ab 01.01.1953
VEB Energieverteilung Plauen, volkseigener Betrieb der Energiewirtschaft
ab 01.01.1955
VEB Energieversorgung Karl-Marx-Stadt, Netzbetrieb Plauen
ab 01.01.1960
VEB Energieversorgung Karl-Marx-Stadt, Betriebsabteilung Plauen.
Nach Verlagerung des Sitzes Bergen nach Plauen ist auf dem Bergener Gelände
nur noch die Transformatoren-Werkstatt verblieben.
Quelle: © Walter Gottschaldt, Falkensteiner Str.
63 — Bergen - Nov. 1997
Bilder: © Alfred Schuster, Plauensche
Str. 60 - Bergen
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