BERGEN — Was steht 2018 an? „Freie Presse“ hat sich zum Jahresbeginn in den Rathäusern des Vogtlands umgehört. Heute: Bernd Appel im Gespräch mit Günter Ackermann, Bürgermeister in Vertretung in der Gemeinde Bergen.
Freie Presse: Herr Ackermann, warum haben Sie das Amt vom erkrankten Bürgermeister Volkmar Trapp übernommen? Günter Ackermann: Ich war zwar kein Vize-Bürgermeister mehr, bin aber mit 73 das älteste Mitglied des Gemeinderates. Deshalb wurde mir das Amt angetragen. Ich hätte ablehnen können, das Pflichtbewusstsein hat mich zur Annahme bewogen. Stillstände und Ausfall sollten vermieden werden, es steht einiges an.
Was sind die größten Aufgaben? Der aktuelle Haushalt und der Investitionsplan 2019 müssen aufgestellt werden, die Restaurierung des Rathauses geht weiter, und die Brücke über die Trieb am Sportplatz soll durch einen Neubau ersetzt werden – Start dafür ist im April.
Weiter völlig unklar ist die Zukunft von Bergen als Gemeinde. Momentan ist die Kommune Teil des Verwaltungsverbandes Jägerswald, die Bestrebungen für den Anschluss an Falkenstein waren bisher vergeblich… Leider wird durch die Politik in Dresden die demografische Entwicklung im ländlichen Raum völlig negiert, dort hält man weiterhin an der Zwangsbildung einer Einheitsgemeinde fest. Es wird nicht anerkannt, dass die Zukunft nur in großen Städteverbünden liegen kann. Die Klage der Gemeinde, die den Weg nach Falkenstein frei machen sollte, geht schon ins achte Jahr…
Jetzt steht eine Entscheidung im Berufungsverfahren beim Oberverwaltungsgericht Bautzen an. Sind Sie zuversichtlich? Es ist alles offen.
Sie persönlich sind für den Anschluss an Falkenstein? Die Zukunft der kleinen Gemeinden liegt nur in einem größeren Städteverbund – ob nun mit Falkenstein oder perspektivisch sogar mit einer Göltzschtalstadt. Herausforderungen wie ein Maschinenpark für den Bauhof oder der Winterdienst sind alleine auf Dauer nicht zu stemmen.
Günter Ackermann (73) vertritt seit August den erkrankten Bürgermeister Volkmar Trapp. Zwölf Jahre lang war er Vize- Bürgermeister der Gemeinde. FOTO: JOACHIM THOSS
Was wünschen Sie sich von der Landespolitik? Die Kriterien der Förderpolitik sind für kleine Gemeinden oft kaum erreichbar. Wir wollten zum Beispiel das Programm für „vitale Ortskerne“ nutzen, um den verwilderten Park am Rathaus auf Vordermann zu bringen, samt neuen Lampen und Papierkörben. In diesem Programm gibt’s aber nur Projekte ab 100.000 Euro. Damit könnte man die Ortskerne von vier oder fünf Dörfern sanieren – wir brauchen nicht so viel Geld, könnten den Eigenanteil auch nicht aufbringen. Also bleibt unser Park wie er ist. Wir Ehrenamtlichen der kleinen Gemeinden werden auf diese Art zu Armenhaus-Verwaltern degradiert. Solange solche Fehler nicht erkannt werden, kommen wir in Sachsen nie vorwärts.
Welches Thema bereitet Ihnen noch Sorgen? Zum Beispiel, dass uns die Doppik- Buchführung übergestülpt wurde. Für kleine Gemeinden ist die nicht sinnvoll, sondern hinderlich. Sie führt dazu, dass wir Abschreibungen für Turnhalle und Schule aufbringen müssen, die beide seit 1992 geschlossen sind. Freiwillige Ausgaben werden dadurch beschnitten.
Zurück zum Rathaus – wie geht’s da weiter? Die Außenfassade ist wieder chic, die energetische Sanierung läuft. Es geht um die Innendämmung der oberen Etage, Abdichtung der Fenster, Austausch verrosteter Träger im Keller, Arbeiten am Fundament. Mit 330.000 Euro ist das der dickste Brocken, die Höhe unseres Eigenanteils ist noch unklar. Zur Finanzierung mussten wir einen Kredit von 200.000 Euro aufnehmen.
Wieviel kostet die Trieb-Brücke? Das Angebot liegt bei 160.000 Euro, dabei gehe ich von einem Eigenanteil von cirka 15 Prozent aus.
Wo liegen noch Schwerpunkte? Wir müssen einen Bebauungsplan für Bergen aufstellen, damit auch in Zukunft junge Familien von außerhalb und auch junge Bergener bauen können. Wir brauchen wieder ein Baugebiet, das am Roten Bühl ist inzwischen voll. Mit einer neuen Klarstellungssatzung müssen für die nächsten Jahre Innen- und Außenbereich neu definiert werden.
Wann werden die Bergener den neuen Bürgermeister wählen? Von den Fristen her im Juni oder Juli, das genaue Datum ist offen.
Werden Sie zur Wahl antreten? Nein. Mit Rat und Tat stehe ich bei Bedarf gern zur Seite, aber nicht als Galionsfigur.
STICHWORT BERGEN
In Bergen lebten am 31. Dezember 2016 laut Statistischem Landesamt 948 Menschen. Zur Wende hatte die Gemeinde 1182 Einwohner, 1950 waren es sogar über 2000.
Der Gemeinderat hat zwölf Sitze, sie verteilen sich auf Freie Wähler (6), Wählervereinigung Feuerwehr (3), Wählervereinigung Sport (2) und Bergener Interessengemeinschaft BIG (1). |